Trotz wiederholter Warnungen der Wohlfahrtsverbände haben es die vergangenen drei Bundesregierungen nicht geschafft, die Situation der Pflege in Deutschland spürbar zu verbessern. Die Herausforderungen – von der finanziellen Belastung für Pflegebedürftige über den Fachkräftemangel bis hin zu schlechten Arbeitsbedingungen – bleiben ungelöst. Deshalb haben wir den Kandidatinnen und Kandidaten drei zentrale Fragen gestellt:

+ Welche konkreten Maßnahmen plant Ihre Partei, um die Pflegeversicherung auf sichere Beine zu stellen?

+ Wie wollen Sie pflegebedürftige Menschen finanziell entlasten?

+ Welche Schritte beabsichtigen Sie, um die Arbeitsbedingungen und Bezahlung in der Pflege nachhaltig zu verbessern?

Die ungekürzten Antworten derjenigen, die sich unseren Fragen gestellt haben, möchten wir hier unseren Mitgliedern und Unterstützern – in Reihenfolge ihres Eingangs bei uns – zur Verfügung stellen.

Anette Kramme (SPD)

Welche konkreten Maßnahmen plant Ihre Partei, um die Pflegeversicherung auf sichere Beine zu stellen?

Kramme: “Pflegebedürftigkeit darf kein Armutsrisiko sein. Deswegen wollen wir das bisherige Nebeneinander von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung beenden. Stattdessen schaffen wir ein gemeinsames, solidarisch finanziertes Pflegesystem, das allen Menschen eine sichere Versorgung bietet, stabile Beiträge gewährleistet und vor finanzieller Überforderung im Pflegefall schützt. Im ersten Schritt wollen wir so schnell wie möglich die privaten Pflegeversicherungen in den Risikostrukturausgleich zwischen allen Pflegekassen und damit in eine faire und leistungsgerechte Finanzierung einbeziehen.”

Wie wollen Sie pflegebedürftige Menschen finanziell entlasten?

Kramme: “Die hohen Eigenanteile bei den Pflegekosten in der stationären Langzeitpflege wollen wir durch eine Begrenzung auf 1.000 Euro pro Monat (sogenannter Pflegekosten-Deckel) maßgeblich reduzieren. Für Menschen, die bereits jetzt länger stationär gepflegt werden, garantieren wir Besitzstandsschutz. Sie sollen nicht schlechter gestellt werden. Die häusliche Pflege werden wir genauso unterstützen und ebenso eine entsprechende Begrenzung einführen. Außerdem sollen die Investitionsaufwendungen der Heime zukünftig nicht mehr vollständig auf die Bewohner umgelegt werden dürfen. So werden wir alle Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen erheblich entlasten.”

Welche Schritte beabsichtigen Sie, um die Arbeitsbedingungen und Bezahlung in der Pflege nachhaltig zu verbessern?

Kramme: “Eine hohe Versorgungsqualität im Gesundheitswesen beginnt mit guten Arbeitsbedingungen und einer bedarfsgerechten Personalausstattung in allen Bereichen und allen Beschäftigtengruppen. Wir setzen uns daher weiterhin für ordentliche Tarifverträge in Gesundheit und Pflege ein. Wir wollen auch dafür sorgen, dass die bedarfsgerechte Personalausstattung bundeseinheitlich für alle Beschäftigtengruppen im Gesundheitswesen eingeführt wird. Damit verbessern wir entscheidend die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Zudem setzen wir uns weiterhin für gute Löhne ein: Die Stabilisierung der Kranken- und Pflegeversicherung wird finanziellen Spielraum schaffen, um tarifgebundene Gehälter zu refinanzieren.

Darüber hinaus wollen wir die Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe stärken, mehr Durchlässigkeit schaffen und die Befugnisse von Pflegefachpersonen erweitern. Gleichzeitig werden wir den Zugang zu Weiterbildung und gesundheitsfördernden Maßnahmen erleichtern. Der oft hohe Dokumentationsaufwand belastet viele Beschäftigte im Gesundheitswesen. Um dies zu verringern, setzen wir auf den Ausbau von KI-gestützter Dokumentation. Außerdem treten wir für mehr Freizeitausgleich ein – beispielsweise durch eine verkürzte Wochenarbeitszeit.

Um dem durch den demografischen Wandel bedingten Personalmangel entgegenzuwirken, werden wir die weltweite Anwerbung und Integration von Fachkräften ausbauen. Gleichzeitig wollen wir die Attraktivität der Ausbildungen steigern, denn die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Deshalb setzen wir uns für praxisnahe und kostenfreie Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen ein. Einheitliche Standards sollen sicherstellen, dass alle Berufe in diesem Bereich von hoher Ausbildungsqualität profitieren. Unser Ziel ist, dass alle Auszubildenden eine faire Vergütung erhalten und Mitbestimmungsmöglichkeiten im Betrieb haben. Gleichzeitig muss die Ausbildungsqualität insgesamt gestärkt werden: In den Pflegeberufen setzen wir uns insbesondere für Nachbesserungen bei der Praxisanleitung ein.”

Jannick Metz (Die Linke)

Welche konkreten Maßnahmen plant Ihre Partei, um die Pflegeversicherung auf sichere Beine zu stellen?

Metz: “Wir setzen uns für eine Pflegeversicherung ein, in die alle deutschen Staatsbürger einzahlen, also auch Beamte, Politiker und Unternehmer. Nicht nur würde dies dazu führen, dass Verwaltungskosten eingespart werden können, sondern auch das weitaus mehr Geldmittel zur Verfügung stehen als derzeit. Bei allen Zusatzkosten, die hierdurch nicht gedeckt werden können, müssen die Länder und der Bund einspringen.”

Wie wollen Sie pflegebedürftige Menschen finanziell entlasten?

Metz: “Wir unterstützen hier ihre Forderung der Begrenzung des Eigenpflegeanteils. Langfristig sollen sämtliche Pflegekosten durch die Versicherungen übernommen werden. In der derzeitigen Lage können sich zu viele Menschen in unserem Land die Pflege nicht leisten. Dies ist eine Schande für das 3. Reichste Land der Welt. Zusätzlich unterstützen wir auch die Forderung der Ausweitung und Flexibilisierung der Familienpflegezeiten. Speziell hier sollen auch anfallende Lohnausfälle übernommen werden.”

Welche Schritte beabsichtigen Sie, um die Arbeitsbedingungen und Bezahlung in der Pflege nachhaltig zu verbessern?

Metz: “Um das Pflegepersonal zu entlasten, beabsichtigen wir die Einführung der 32-Stunden Woche bei gleicher Lohnzahlung. Dies macht den Beruf gleichzeitig auch wieder attraktiver. Wir erhoffen uns hierdurch einen Zustrom neuer Auszubildender. Die Bezahlung soll zusätzlich natürlich noch erhöht werden.”

Thomas Hacker (FDP)

Welche konkreten Maßnahmen plant Ihre Partei, um die Pflegeversicherung auf sichere Beine zu stellen?

Hacker: “Die FDP setzt sich für eine generationengerechte und nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung ein. Unser Ziel ist es, das bestehende Teilleistungssystem durch eine stärkere Kapitaldeckung zu stabilisieren. Hierzu planen wir, den Pflegevorsorgefonds weiterzuentwickeln, indem ein größerer Anteil der Beiträge langfristig, renditeorientiert und vor politischen Eingriffen geschützt angelegt wird. Der so entstehende Kapitalstock soll als jahrgangsspezifische Finanzierungsquelle für zukünftige Pflegeausgaben dienen. Zudem setzen wir uns dafür ein, versicherungsfremde Leistungen sukzessive aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren, um die Beitragszahler zu entlasten und die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung zu gewährleisten. ”

Wie wollen Sie pflegebedürftige Menschen finanziell entlasten?

Hacker: “Wir möchten pflegebedürftigen Menschen mehr finanzielle Freiheit und Selbstbestimmung ermöglichen. Daher fordern wir die Einführung des „Liberalen Pflegebudgets“. Dieses Konzept sieht vor, die bestehenden Leistungsansprüche der jeweiligen Pflegegrade in ein monatliches, unbürokratisches und transparentes Pflegebudget zu bündeln. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können somit selbst entscheiden, welche Unterstützungs- und Pflegeleistungen am besten zu ihrem individuellen Bedarf passen. Zudem wollen wir den Pflegegrad 1 auf Prävention ausrichten, um frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, die einer Verschlechterung der Pflegesituation vorbeugen. ”

Welche Schritte beabsichtigen Sie, um die Arbeitsbedingungen und Bezahlung in der Pflege nachhaltig zu verbessern?

Hacker: “Die FDP setzt sich für eine umfassende Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung in der Pflege ein. Unsere Maßnahmen umfassen:

+ Modernisierung der Pflegeausbildung: Wir wollen die Pflegeausbildung zukunftsorientiert gestalten, indem wir mehr digitale Inhalte integrieren und die pflegerischen Kompetenzen stärken. Zudem streben wir eine leistungsgerechte Durchlässigkeit in Pflegeberufen an. Ein wichtiger Schritt ist die Vereinheitlichung der derzeit 27 verschiedenen Ausbildungsverordnungen für Pflegeassistenzen zu einer einjährigen bundeseinheitlichen Ausbildung. Durch diese Maßnahmen wollen wir bessere Arbeitsbedingungen schaffen und insbesondere mehr Kolleginnen und Kollegen für den Pflegeberuf gewinnen.

+ Abbau von Bürokratie: Wir wollen die Misstrauenskultur gegenüber Pflegekräften und -einrichtungen beenden. Dazu gehört der Abbau doppelter Dokumentationspflichten, übermäßiger Nachweispflichten und unnötiger bürokratischer Vorgaben. Durch den Einsatz digitaler Anwendungen, Automatisierung und Robotik möchten wir das Pflegepersonal entlasten und somit die Arbeitsbedingungen verbessern

+ Psychische und physische Unterstützung: Da viele Pflegekräfte aus gesundheitlichen Gründen den Beruf vorzeitig verlassen müssen, nehmen wir sowohl die psychische als auch physische Unterstützung ernst. Wichtig ist uns dabei stets, die beruflich Pflegenden an zentraler Stelle in die Erarbeitung der nötigen Reformen einzubinden und so ihre fachliche und praktische Expertise zu nutzen.

Silke Launert (CSU)

Launert: “Die CDU/CSU hat die Notwendigkeit einer Reform der Pflegeversicherung klar erkannt. Unsere Pflegeversicherung muss auf sichere Beine gestellt werden, um allen pflegebedürftigen Menschen eine würdevolle Versorgung zu ermöglichen, ohne sie oder ihre Familien finanziell zu überlasten. Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz mit den folgenden Schwerpunkten:

1.Finanzielle Stabilität und Entlastung pflegebedürftiger Menschen

+ Pflege darf kein Armutsrisiko sein. Deshalb setzen wir auf einen Finanzierungsmix aus gesetzlicher Pflegeversicherung, betrieblicher Mitfinanzierung, Steuermitteln und eigenverantwortlicher Vorsorge.

+ Wir setzen mit bezahlbaren Pflegezusatzversicherungen darauf die Finanzierungslücke in der Pflege zu schließen. Wir prüfen die bessere steuerliche Absetzbarkeit solcher Modelle als Teil einer nachhaltigen Vorsorge. Ziel ist eine bestmögliche Absicherung der pflegebedingten Kosten.

2.Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege

+ Um dem Personalnotstand zu begegnen, setzen wir auf attraktivere Arbeitsbedingungen mit mehr Planbarkeit und besseren Aufstiegsmöglichkeiten.

+ Springerpools sollen Pflegekräfte entlasten und Belastungsspitzen abfedern.

+ Durch verstärkte Anwerbung von Fachkräften und die Nutzung multiprofessioneller Teams wird die Arbeitsbelastung gleichmäßiger verteilt. Zudem stärken wir die Rolle von Pflegefachpersonen in der gesundheitlichen Versorgung.

+ Pflegefachkräfte sollen mehr Kompetenzen erhalten, um bestimmte Aufgaben eigenverantwortlich übernehmen zu können, wodurch ihre Eigenständigkeit gestärkt und ihre Arbeit mehr wertgeschätzt wird.

+ Dokumentationsprozesse werden vereinfacht, um die Bürokratie zu reduzieren und mehr Zeit für die eigentliche Pflege zu schaffen. Eine enge Verzahnung von Medizinischem Dienst und Heimaufsicht soll Doppelstrukturen vermeiden und weniger Kon-trollen notwendig machen.”

3.Stärkung der pflegenden Angehörigen

Die häusliche Pflegesituation soll in den Mittelpunkt gerückt und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessert werden.

+ Ein flexibles Pflegebudget soll pflegende Angehörige entlasten und ihnen mehr Gestaltungsspielraum ermöglichen.

+ Netzwerke im direkten Umfeld und digitale Hilfsmittel werden ausgebaut, um die häusliche Pflege zu erleichtern.

+ Neue Wohn- und Betreuungsformen, in denen Pflege- und Betreuungskräfte sowie Angehörige die Versorgung gemeinsam übernehmen, sollen mehr Gestaltungsmöglichkeiten bieten.

4. Prävention und Rehabilitation als zentrale Elemente

+ Pflegebedürftigkeit soll durch gezielte Präventionsmaßnahmen und bessere Rehabilitationsangebote so lange wie möglich hinausgezögert werden.

+ Versorgungsstrukturen sollen so gestaltet werden, dass pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können.

Inken Bößert (Grüne)

Bößert: „Pflege ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben. Doch die Pflegeversicherung steht unter Druck, Pflegebedürftige und ihre Familien sind finanziell stark belastet, und viele Pflegekräfte arbeiten am Limit. Als Partei setzen wir uns für eine nachhaltige Reform ein, die Pflege bezahlbar, fair und zukunftssicher macht.

1. Pflegeversicherung auf sichere Beine stellen

Finanzierung gerechter machen: Wir wollen die Pflegeversicherung als Bürgerversicherung weiterentwickeln, in die alle einzahlen – auch Beamte und Selbstständige. Dadurch entsteht eine breitere finanzielle Basis.
Pflegevollversicherung schrittweise ausbauen: Pflegebedürftige und ihre Familien sollen nicht mehr einen Großteil der Kosten selbst tragen müssen. Langfristig soll die Pflegeversicherung alle notwendigen Pflegekosten übernehmen.
Gerechte Finanzierung zwischen Bund und Ländern: Die Pflegefinanzierung darf nicht nur auf Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern lasten. Bund und Länder müssen sich stärker an den Kosten beteiligen.

2. Finanzielle Entlastung für Pflegebedürftige

Eigenanteile deckeln: Pflege darf nicht arm machen. Wir setzen uns für eine Begrenzung der Eigenanteile in der stationären Pflege ein.
Pflegegeld & Sachleistungen erhöhen: Die Unterstützung für pflegebedürftige Menschen muss regelmäßig an die steigenden Kosten angepasst werden.
Mehr Unterstützung für pflegende Angehörige: Pflege zu Hause ist oft die beste Lösung, aber auch eine große Belastung. Wir wollen pflegende Angehörige finanziell besser absichern und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessern.

3. Bessere Arbeitsbedingungen & faire Bezahlung in der Pflege

Tariflöhne verpflichtend machen: Pflegekräfte verdienen mehr Anerkennung – auch finanziell. Wir setzen uns für flächendeckende Tariflöhne ein, die gesetzlich abgesichert sind.
Mehr Personal & bessere Arbeitszeiten: Eine bessere Personalbemessung sorgt für Entlastung. Wir fordern mehr Fachkräfte, kürzere Schichten und weniger Überstunden.
Ausbildung stärken & attraktiv machen: Die Ausbildung in der Pflege muss kostenlos und mit besseren Arbeitsbedingungen verbunden sein, um mehr Menschen für diesen Beruf zu gewinnen.

Pflege muss gerecht, bezahlbar und menschenwürdig sein – für alle Beteiligten. Dafür setzen wir uns ein.“