Berlin, den 23.01.2020. Der AWO Bundesverband begrüßt die Forderung der niedersächsischen Sozialministerin Carola Reimann nach Steuerzuschüssen für die Pflegeversicherung. Der Verband fordert zudem, Kommunen und Bundesländer in ihrer Verantwortung für die Pflege zu stärken.
Die steigenden Kosten in der Pflege führen zu einem stetigen Anstieg des Eigenanteils der Versicherten im Pflegeheim. In der Folge können die Eigenanteile aus eigenem Einkommen nicht mehr aufgebracht werden. Das führt dazu, dass Menschen Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen.
Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO-Bundesvorstandes: „Die steigenden pflegebedingten Kosten allein den Pflegebedürftigen aufzubürden, ist ihnen gegenüber unwürdig. Sie führt auch bei den Angehörigen zu extremen Unsicherheiten. Und auch rein rechnerisch ist die bisherige Regelung nicht sinnvoll: Die Haushalte der Kommunen, die die Kosten aus der Sozialhilfe übernehmen, werden weiter belastet. Die Entlastung der Kommunen war aber ein Gründungsmotiv für die Pflegeversicherung. Wir müssen die Kommunen darin stärken, den Aufbau und die Finanzierung ihrer Struktur-, Bedarfsplanung und Unterstützungsstruktur vor Ort zu gewährleisten. Die Bundesländer wiederum müssen zukünftig die Investitionskosten übernehmen. Auch das war bei der Einführung der Pflegeversicherung so vorgesehen, geschieht aber nicht im vorgesehenen Umfang.“
Döcker weiter: „Wir brauchen eine Pflegeversicherung, die das finanzielle Risiko bei Pflegebedürftigkeit verlässlich absichert. Eine Pflegeversicherung muss Betroffenen und ihren Angehörigen Sicherheit geben. Dazu muss die Höhe des Eigenanteils, den die Pflegebedürftigen zahlen, begrenzt werden. Der Eigenanteil muss zudem über die gesamte Dauer der stationären Pflege verlässlich planbar sein. Die Arbeiterwohlfahrt hat dieses bereits vor einem Jahr in einer Petition gefordert – und die Zustimmung von über 74.000 Unterzeichnenden bekommen.“
Hintergrund: Im Bundesdurchschnitt lagen die Kosten, die ein Versicherter selbst übernehmen musste, im Schnitt monatlich bei 1.750 Euro. Zum Vergleich: Ende 2017 lag das durchschnittliche Netto-Renteneinkommen in den alten Bundesländern bei monatlich 1.231 Euro und in den neuen Bundesländern bei monatlich 1.169 Euro. Aufgrund der gestiegenen Kosten in den letzten Jahren, waren und werden zukünftig immer mehr Rentenbeziehende gezwungen sein, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, um ihre Pflege bezahlen zu können. Die Ursache liegt in einer gesetzlichen Regelung. Als 1995 die Pflegeversicherung eingeführt wurde, wurden die Leistungsbeträge der Pflegekassen gesetzlich festgeschrieben und nicht dynamisiert. Die Erhöhungen der Leistungsbeträge der Pflegekassen in den nachfolgenden Jahren waren bei Weitem nicht ausreichend. Somit tragen die pflegebedürftigen Menschen alle Kostensteigerungen.
Quelle: AWO Bundesverband